Ist ein Bausparvertrag heute noch zeitgemäß?

Ist ein Bausparvertrag heute noch zeitgemäß?

Bausparen – vor allem für junge Leute klingt das angestaubt, altmodisch und von gestern. Nach dem Krieg erlebte Bausparen einen wahren Boom, als Wohnraum dringend gebraucht wurde und viele Menschen sich mit einem Bausparvertrag den vom eigenen erfüllen konnten. Bausparen gilt bis heute als sehr solide, und zwar als Möglichkeit zu sparen sowie zur Finanzierung einer Immobilie. Die dauerhaft niedrigen Zinsen haben die Freude am Bausparen zwar erheblich getrübt, aber ist das ein Grund, auf diese Form der Immobilienfinanzierung zu verzichten?

Die Zinsen steigen wieder

Langsam, aber sicher steigen die Zinsen wieder an. Alle, die sparen wollen, freut das natürlich, für alle, die den Kauf oder den Bau eines Hauses planen, sind die steigenden Zinsen weniger erfreulich. Die Zinsen für eine Immobilienfinanzierung mit einer Laufzeit von zehn Jahren lagen zu Beginn des Jahres durchschnittlich bei weniger als einem Prozent. Im Laufe des Jahres sind die Zinsen auf fast drei Prozent gestiegen, was das Bauen nicht eben attraktiv macht. Der Bausparvertrag scheint in dieser Situation eine gute Alternative zu sein und gilt unter Finanzexperten als so etwas wie der Gewinner der Finanzkrise.

Wie genau funktioniert Bausparen?

Wer einen Bausparvertrag abschließt, spart praktisch in zwei Phasen: Die erste Phase ist die sogenannte Ansparphase, bei der der Sparer jeden Monat einen Betrag auf sein Bausparkonto einzahlt. Für dieses Guthaben bekommt er Zinsen. Wird ein bestimmter Betrag erreicht, dann ist der Bausparvertrag zuteilungsreif und wenn der Bausparer möchte, kann er sich diesen Betrag auszahlen lassen. Gleichzeitig ist dies der Start in die zweite Phase, die sogenannte Finanzierungsphase. Der Bausparer kann jetzt ein besonders günstiges Baudarlehen beantragen. Die Konditionen für dieses Darlehen hat er schon während der Ansparphase mit der Bausparkasse vereinbart. Er kann diesen Immobilienkredit beantragen, muss es aber nicht.

Warum der Bausparvertrag wieder so beliebt ist

Sollte der aktuelle Zinstrend weiter anhalten, dann werden sich wieder viele Menschen an den guten alten Bausparvertrag erinnern. Die Zinsen für ein Baudarlehen bei den Bausparkassen sind um 1,5 bis 2,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 unverändert geblieben. Alle, die sich heute für einen Bausparvertrag entscheiden, haben damit die gleichen Zinskonditionen wie noch vor fünf oder zehn Jahren. Gut 24 Millionen Menschen in Deutschland hatten 2021 einen Bausparvertrag.

Damit lag die Zahl der Neuabschlüsse branchenweit bei mehr als 1,4 Millionen. In diesem Jahr werden noch viele dazugekommen, schätzen Branchenexperten, bereits im März konnte ein deutlicher Anstieg verzeichnet werden. Im Neugeschäft werden es wahrscheinlich 50 Prozent oder sogar noch mehr sein.

Die Vorteile eines Bausparvertrags

Der wohl größte Vorteil eines Bausparvertrags besteht darin, dass regelmäßig gespart wird. Der Bausparer zeigt damit, dass er in der Lage ist, seinen Zahlungspflichten nachzukommen, selbst wenn sie langfristig sind. Dies kann bei einer Überprüfung der Kreditwürdigkeit zu einem späteren Zeitpunkt von großer Bedeutung sein. Ein weiterer Vorteil eines Bausparvertrags ist seine hohe Flexibilität, vorteilhaft ist zudem die Möglichkeit einer Sondertilgung zu jedem beliebigen Zeitpunkt.

Der Bausparvertrag hat allerdings auch Kritiker. So bemängeln Finanzexperten etwa, dass die Zinsen für das Guthaben deutlich unter der Inflationsrate liegen. So etwas ist nach Angaben der Stiftung Warentest tatsächlich der Fall, denn viele Bausparkassen zahlen nur 0,10 bis 0,25 Prozent Zinsen auf das Guthaben.

Kann ein Bausparvertrag auch für die Modernisierung genutzt werden?

Nicht immer muss ein Bausparvertrag dazu genutzt werden, ein Haus zu bauen oder zu kaufen. Wenn es sich um eher kleinere Modernisierungsarbeiten handelt, kann ein Bausparvertrag ebenso von Vorteil sein. Da die Energiepreise aktuell regelrecht explodieren, rechnet sich eine energetische Sanierung mithilfe eines Bausparvertrags deutlich schneller. Die zahlreichen Bausparkassen erhalten zudem einen zusätzlichen Impuls. Sie können Darlehen bis zu einer Summe bis zu 50.000 Euro als sogenanntes Blankodarlehen vergeben. So entstehen keine Kosten für den Eintrag ins Grundbuch und für den Notar. Mit dieser Summe ist ein großer Teil der klassischen Energieeinsparinvestitionen bereits abgedeckt.

Die Summe muss passen

Von den geringen Zinsen gehen außerdem noch einige Gebühren ab, wie beispielsweise die Abschlussgebühr, nicht selten aber auch jährliche Gebühren. Diese Kosten, so ein häufiger Kritikpunkt, sind vielfach höher, als es letztendlich der Gewinn ist. Zudem sorgen noch laufende Kosten, wie die Gebühren, die für die Führung des Kontos anfallen, dafür, dass die Rendite immer kleiner wird. Für alle, die einen Bausparvertrag abschließen wollen, ist es daher sehr wichtig, dass der Bausparvertrag perfekt auf die eigenen Ziele abgestimmt wird. Wenn die Bausparsumme im Verhältnis zur Sparrate sehr hoch ist, dauert es lange, bis der Vertrag zuteilungsreif ist.

Alle, die aber mehr sparen, als es eigentlich notwendig ist, laufen bei einigen Tarifen Gefahr, einen großen Teil der Kreditsumme zu verlieren. Daher sollte grundsätzlich gelten: Obwohl die aktuell niedrigen Zinsen eines Bausparvertrags auf den ersten Blick attraktiv sind, um sich den Traum vom eigenen Haus zu erfüllen, sollten Bausparverträge mit Annuitätendarlehen sehr sorgfältig verglichen werden.

Keine pauschale Empfehlung

Alle, die sich für einen Bausparvertrag interessieren, sollten auf jeden Fall die möglichen Alternativen genau durchrechnen und sich von einem Branchenkenner ausführlich beraten lassen. Dies kann dabei helfen, Kosten zu sparen und was noch wichtiger ist, eine stets individuelle Lösung zu erreichen. Eine pauschale Empfehlung für oder gegen einen Bausparvertrag gibt es nicht. Keiner kann heute sagen, wie sich die Zinsen in der Zukunft entwickeln werden. Ein klassisches Annuitätendarlehen kann, im Vergleich zu einem Bausparvertrag, nicht selten mit sehr niedrigen Gesamtkosten punkten.

Handelt es sich um eine größere Summe, wie eben ein Immobilienkredit, dann ist das Annuitätendarlehen, verbunden mit einer langen Zinsbindung, eine gute Option gegenüber einem Bausparvertrag.

Fazit

Bausparen ist nicht mehr von gestern und nur etwas für Spießer, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen. Bausparen kann sehr interessant sein, auch durch die staatlichen Förderungen. Wenn Bausparer einen sogenannten Riester-Bausparvertrag abschließen, können sie für ihre Sparbeiträge und für die Tilgung der Zinsen des Darlehens Zulagen bekommen. Jeder, der förderungsberechtigt ist, kann zudem Riester-Beiträge bis zu einer Summe von 2100 Euro im Jahr bei der Steuer als Sonderausgaben geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag am Ende tatsächlich für die Finanzierung einer Immobilie verwendet wird. Eine weitere Möglichkeit bieten staatliche Wohnungsbauprämien, die Bausparer aber ebenfalls nur dann bekommen, wenn sie ihr Haus modernisieren wollen.

Bild: @ depositphotos.com / Aumwattana

Tommy Weber