Debatte über Folgen von Urteil zu NPD-Finanzierung

Bundesverfassungsgericht (Archiv), via

Berlin () – SPD-Chefin Saskia Esken begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Streichung der staatlichen Parteienfinanzierung für die frühere NPD als „Signal“ in der Auseinandersetzung mit der AfD. „Dieses richtungsweisende Urteil wird uns in der Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Gefahr von heute hilfreich sein“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochsausgaben).

„Das Urteil macht deutlich, dass und unter welchen klar definierten Voraussetzungen unsere Demokratie sich derer erwehren darf, die ihre Mittel missbrauchen wollen, um sie zu zerstören.“ Genau diese Wehrhaftigkeit hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes im Sinn gehabt. „Sie wollten sicherstellen, dass sich Geschichte nicht wiederholt.“

Esken fügte hinzu: „Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und kommt genau zur richtigen Zeit.“ Wie dringend der Handlungsbedarf sei, zeigten die letzten Enthüllungen „über Deportationspläne der AfD, die unsere Familien, Nachbarn, Kollegen, Freunde und Sportkameraden bedrohen“.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) reagierte zurückhaltend auf Vorschläge, perspektivisch auch Finanzmittel der AfD aus der staatlichen Parteifinanzierung zu streichen. „Man sollte beim Umgang mit der AfD ganz exakt auf das verfassungsrechtlich Notwendige und Mögliche schauen: Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Parteien des demokratischen Zentrums sich einer unliebsamen Konkurrenz erwehren wollen, indem sie auf Mittel des Parteienrechts zurückgreifen“, sagte er dem TV-Sender „Welt“

Das müsse alles „rechtlich sauber“ erfolgen. „Denn die Auseinandersetzung mit der AfD muss eine politische sein“, so Lindner weiter. Da dürfe man keine Angst haben, sondern müsse Antworten geben auf die Fragen, „die die Menschen stellen, die sich der AfD zugewandt haben, insbesondere im Bereich der Migration, bei Bürokratie, bei der Frage, wie wir mit dem ländlichen Raum umgehen und auch bei der Freiheit der privaten Lebensführung“.

Er sei sich sicher, dass die Probleme gelöst werden müssten, die die AfD groß gemacht hätten. Viele Menschen warteten seit der Ära Merkel auf eine andere Migrationspolitik. Die komme jetzt, so Lindner. Jetzt gebe es in Europa den „Schutz der Außengrenze, Asylverfahren von außerhalb Europas, Abschiebegewahrsam in Deutschland“. „Wir schränken das Asylbewerberleistungsgesetz ein.“

All das solle dazu beitragen, „illegale Migration nach Deutschland zu unterbinden, Einwanderung in den Sozialstaat zu unterbinden und zugleich den weltoffenen Charakter unseres Landes zu bewahren“. Denn qualifizierte Einwanderer oder solche, die Schutz suchen, seien weiter „sehr willkommen“, sagte der FDP-Chef.

Die Chefin des CDU-Wirtschaftsflügels (MIT), Gitta Connemann, sieht keine Signalwirkung für ein AfD-Verbotsverfahren. „Das ist ein guter Tag für die Demokratie, Karlsruhe hat für Klarheit gesorgt, das Urteil ist allerdings keine juristische Handreichung für ein AfD-Verbotsverfahren“, sagte sie dem Nachrichtenportal T-Online.

Von der AfD kam unterdessen eine verhaltene Reaktion. „Das Urteil mag überzeugen“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende, Stephan Brandner. Er kenne die Programmatik der NPD „nicht im Detail“, aber sie lege es wohl „darauf an, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen“, fügte er hinzu. „Dann ist das Urteil, wie es ist.“

Als Blaupause für ein ähnliches Verfahren gegen die AfD sieht Brandner das Urteil nicht. Statt der AfD müssten die anderen Parteien ins Visier genommen werden, findet er. „Die AfD ist die Grundgesetzpartei, wir haben auch in der Coronazeit die Grundrechte hochgehalten. Die anderen nicht“, so Brandner. „Die haben das Grundgesetz mit Füßen getreten, jahrelang.“

Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich zeigte sich derweil zurückhaltend in dieser Frage. „Wir müssen uns das Urteil und die Begründung intensiv anschauen, um Schlussfolgerungen für andere verfassungsfeindliche Parteien zu ziehen“, sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. „Die Hürden für den Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung sind jedoch ähnlich hoch wie bei einem Verbotsverfahren. Wir dürfen nicht dem Irrtum aufsitzen, dass es juristisch einfacher oder schneller wäre, Gelder zu entziehen.“

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen die NPD begrüßte Emmerich. „Die NPD ist eine neonazistische Partei“, sagte er. „Ihr Verbotsantrag ist nur gescheitert, weil es ihr an Einfluss und Relevanz fehlt. Es ist daher konsequent, dass die NPD von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen wird.“

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Linken-Chefin Janine Wissler begrüßte das Urteil zur Finanzierung der NPD ebenfalls. „Es handelt sich um eine Partei, die offen rassistisch und antisemitisch agiert, die aus ihrer Nähe zur NS-Ideologie keinen Hehl macht und deren Mitglieder mitverantwortlich für Straßengewalt, rechten Terror und Übergriffe sind“, sagte sie dem Nachrichtenportal T-Online. Auch wenn der Einfluss der NPD zurückgegangen sei, sei es richtig, dass der Staat sie „nicht weiter mit Steuergeldern unterstützt“.

Ein ähnliches Vorgehen gegen die AfD hält Wissler für denkbar. „Ob dieses Instrument auch gegenüber der AfD angewendet werden kann, bedarf einer gründlichen Prüfung“, so die Linken-Chefin. „Die jüngsten Recherchen über die AfD und Deportationspläne sowie die Nähe zu den Reichsbürgern und die Verbindungen in die militante Nazi-Szene zeigen die Gefährlichkeit der AfD.“

Der Generalsekretär des neuen Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), Christian Leye, sagte: „Ich finde es grundsätzlich richtig, dass eine rechtsextreme Partei von der Finanzierung durch eine Demokratie ausgeschlossen werden kann. Ich möchte gleichzeitig aber davor warnen, dieses Urteil als Blaupause in politischen Krisen zu nehmen.“

Um die ernsthafte demokratische Auseinandersetzung führe kein Weg drumherum, so Leye. Es sei das „Versagen der Ampel“, das zu den hohen Umfragewerten der AfD geführt habe. „Ein bisschen mehr Demut angesichts der eigenen Bilanz täte so einigen im politischen Berlin gut.“

Text-/Bildquelle: Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de
Bildhinweis: Bundesverfassungsgericht (Archiv)

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